Biografie

Photo: Ingrid Theis
Photo: Ingrid Theis
“Ich hob es an die Lippen und spürte sofort, dass der Mundstückwinkel zu meiner natürlichen Haltung passte, und als ich den ersten Ton spielte und fühlte, wie mein ganzer Körper von der reichen Obertonstruktur in Schwingung versetzt wurde, wusste ich: das Horn ist mein Instrument!”

Ich bin 1954 in Bloomington, Indiana geboren worden. Meine Mutter, die Orgel und Klavier spielte, erkannte früh mein musikalisches Talent. Als ich drei Jahre alt war, durfte ich bei einem Ausflug nach Mexico ein Geschenk aussuchen: ich wählte ein Stierhorn. Nachdem ich während zweier Jahre meine Lippen und Lungen mit dem rudimentären Instrument gekräftigt hatte, hörte mein Onkel mein Tröten, fand es beeindruckend und schenkte mir einen alten «Bugel», eine Signaltrompete. Nach kurzer Zeit konnte ich die Signale, die ich in der Militärkaserne, wo wir wohnten, gehört hatte, nachspielen. Daraufhin brachte mir meine Mutter das Notenlesen und Klavierspielen bei – jedoch schlug ich ihr mit sechs Jahren einen Handel vor: ich bot ihr an, doppelt so viel zu üben, wenn ich statt Klavier Trompete spielen dürfte. So bekam ich eine alte, verbeulte B-Trompete, die ab da ein stabilisierendes Element in meinem wechselhaften Leben wurde.

Mein Vater war Offizier bei den Marines und Bomben-Entschärfer. Das Leben einer amerikanischen Militärfamilie ist sehr mobil – man muss immer wieder umziehen, teilweise von einer Küste Amerikas zur anderen. Ich hatte meine Trompete natürlich dabei, und egal wo wir hinzogen – ich habe es immer geschafft, bald in einer Band zu spielen und dadurch schnell Freunde zu finden.

Irgendwann kam dann noch eine alte, schäbige mexikanische Akustikgitarre dazu. Nachdem ich die Beatles in der Ed Sullivan-Show im Fernsehen gesehen hatte, fing ich an, mein Geld zu sparen: für eine elektrische Gitarre. Ich mähte Rasen, wusch Autos und trug Zeitungen aus, bis ich mit zwölf Jahren genug Geld zusammen hatte, um einen E-Bass plus Verstärker zu kaufen. Und mit zwei gleichgesinnten Freunden stellte ich meine erste Rockband zusammen. Wir waren grottenschlecht, dafür umso lauter, und die wenigen Akkorde, die wir beherrschten, reichten aus für Songs wie «Hang on Sloopy», «Gloria» und «House of the Risin Sun». Vier Jahre später, nach mehreren Versuchen mit anderen schlechten Bands hatte ich genug Erfahrungen gesammelt, um in eine gute Blues-Band aufgenommen zu werden, die einmal die Woche, am Mittwoch, bezahlte Auftritte hatte. Zur gleichen Zeit spielte ich auch zweite Trompete in einer Big Band, die jeden Samstag auftrat, auch gegen Geld.

Obwohl ich als Trompeter einen «big sound» hatte und mich auch ausdrücken konnte, fehlte mir die Höhe. Zudem haben mich meine Lehrer immer gemahnt, die Trompete höher zu halten, in einem 90 Grad-Winkel, was mir aber schwer fiel. Als dann in der High School Band ein Hornist fehlte, gab mir der Dirigent ein altes Alexander-Doppelhorn zum Ausprobieren. Ich hob es an die Lippen und spürte sofort, dass der Mundstückwinkel zu meiner natürlichen Haltung passte, und als ich den ersten Ton spielte und fühlte, wie mein ganzer Körper von der reichen Obertonstruktur in Schwingung versetzt wurde, wusste ich: das Horn ist mein Instrument! Da war ich 15 Jahre alt.

Odeonsplatz 2018
Odeonsplatz 2018

Gegen Ende Ende meiner High School-Zeit musste ich dann aber eine Entscheidung treffen: sollte ich mein Glück als Bassist im Pop-Geschäft versuchen oder ein klassischer Musiker auf dem Horn werden? Die Entscheidung wurde mir quasi abgenommen, als ich gleich bei meinem ersten Versuch, die Aufnahmeprüfung zu einer Musikschule zu machen, angenommen wurde: an der renommierten Indiana University School of Music. Beworben hatte ich mich, weil ich Philip Farkas, den legendären Solohornisten, der mit der Boston-, Cleveland- und Chicago-Symphony spielte, so sehr verehrte – und dieser war in Indiana Professor.

Als ich dann aber in Indiana anfing, war ich enttäuscht, dass für mich kein Platz in der Klasse von Philip Farkas war – jedoch stellte es sich später als Glücksfall heraus, dass ich stattdessen mit Ethel Merker zu studieren anfing. Sie war nämlich jahrzehntelang die meistgebuchte freischaffende Hornistin in Chicago und nach kurzer Zeit des Studiums half sie mir, Mitglied in der Musikergewerkschaft Chicagos (Chicago Federation of Musicians ) zu werden. Diese Mitgliedschaft, meine früheren Erfahrungen in verschiedenen Musikgenres und Ihre Verbindungen haben mir geholfen, in Pop-Gruppen wie "The Carpenters" und mit Barry White zu spielen – was auch meinem Portemonnaie zugute kam.

Bild: ET, Ethel Merker, Philip Farkas mit den "Carpenters", Chicago 1978


Als ich dann im Jahr 1974 anfing, doch noch mit Philip Farkas zu studieren, habe ich viel von der enormen Erfahrung dieses alten Fuchses profitieren können. Während seiner Laufbahn als Solohornist bei den besten Orchestern Amerikas hatte er eine Trickkiste zusammengestellt, in der für jede schwere Passage des Horn-Repertoires ein ‹Kniff› zu finden war – ob es nun die Benutzung eines anderen Fingersatzes oder einer Bindung oder eines Akzentes zum Erleichtern der Ausführung der Passage war – die Hilfe bestand hauptsächlich in der Stärkung des Selbstvertrauens. Zu wissen, dass ich einen seiner ‹Kniffe in der Hinterhand› hatte, unterstützte mich sehr und verhalf mir zu Erfolgen bei Probespielen und im Konzert. Als das Philadelphia Orchestra 1975 Probespiele für drei freie Hornstellen abhielt, wurde ich von 220 vorspielenden Hornisten immerhin Vierter.

Nach meinem fünften Semester an der Uni hörten meine Eltern auf, mich finanziell zu unterstützen, weil sie nicht glaubten, dass ich als Profi Chancen hätte – ich sollte besser «etwas Seriöses» studieren – deprimierende Aussichten! Zu dieser Zeit kam Michael Höltzel als Semestervertretung von Philip Farkas an meine Uni. Er, der nicht nur Orchestermusiker war, sondern auch Solist und Dirigent, gab mir Einblicke in eine für mich neue Welt der musikalischen Phrasierung, basierend auf klassischer Interpretation und Analyse. Und er schlug mir vor, nach Deutschland zu gehen und mich dort um eine Solohornistenstelle zu bewerben: am Staatstheater in Kassel. Höltzel fand das ideal, weil er, da er in Detmold (Nähe Kassel), eine Professur hatte, mir helfen könnte, mich in der mir als Amerikaner völlig unbekannten deutschen Orchesterszene zurechtzufinden und mich auf internationale Wettbewerbe vorzubereiten.

Er war so überzeugt, dass ich diese Stelle bekommen würde, dass ich meine Popmusik-Ambitionen fahren liess, meine geliebte Gibson Les Paul verkaufte und von dem Erlös einen Flug ‹Deutschland einfach› kaufte. Nach einer Spielzeit in Kassel wurde ich Solohornist bei den Münchner Philharmonikern, gewann in zwei Wettbewerben (Silbermedaille am ‹Concours International de Genève› 1976 und 1.Preis am ‹Concours International pour Cor ‹ in Liège 1981) – Höltzels Rechnung war aufgegangen und meine internationale Karriere hatte begonnen. Während meiner ersten Spielzeit in München fing ich mit Alexandertechnik und Yoga an (1980 wurde ich zertifizierter Yogalehrer), um meine Konzentration und Entspannung zu verbessern - ich benutze diese Techniken seit da zum Spielen und zum Unterrichten.

Schon während der ersten Spielzeit bei den Münchner Philharmonikern begann Kammermusik für mich zu einer Leidenschaft zu werden: ich bekam die Einladung, mit den ‹Münchner Philharmonischen Solisten› zu spielen – diese Zusammenarbeit dauerte von 1976-91. Nach einem Gastspiel bei den Wiener Philharmonikern wurde ich vom ‹Wiener Kammerensemble› zur Zusammenarbeit eingeladen – diese dauerte von 1991-2010. (Aufnahmen siehe Discographie)

Von 1976-2007 war ich Solohornist bei den Münchner Philharmonikern – die während dieser Zeit gemachten Aufnahmen sind auch in der Discographie aufgelistet.

Im Jahr 2006 wurde ich zu meiner Freude berufen, ab jetzt als Solohornist beim ‹Symphonieorchester des Bayrischen Rundfunks› zu spielen. Nahezu jedes Konzert, das ich mit dem BRSO gespielt habe, wurde aufgenommen (siehe Discographie).

Schon 1985 begann ich, als Gast-Solohornist mit den Berliner Philharmonikern aufzutreten. So bin ich auch auf zahlreichen Aufnahmen in der ‹Digital Concert Hall› zu sehen (Discographie).

Meine Laufbahn als Lehrer für Horn begann 1995, als ich als Professor an die ‹Johannes Gutenberg-Universität› nach Mainz gerufen wurde. 1998 wechselte ich zum ‹Richard Strauss-Konservatorium› in München, wo ich bis 2007 unterrichtete. Dann erhielt ich den Ruf, als Professor an der ‹Hochschule für Musik und Theater› in München zu unterrichten.

Gleichzeitig sind seit 1982 weltweite Meisterkurse Teil meiner Lehrtätigkeit.

Zubin Mehta<br>
Zubin Mehta


Kurzbiografie

Eric Terwilliger wurde 1954 in Bloomington, Indiana, U.S.A. geboren.

Schon früh wurde sein musikalisches Talent erkannt – mit sechs Jahren begann er mit Klavier, Trompete und Gitarre, seine ersten solistischen Auftritte als Trompeter hatte er mit zehn Jahren und als Zwölfjähriger fing er an, Blues, Jazz und Popmusik zu spielen. Der Wechsel zum Horn erfolgte mit fünfzehn Jahren.

Von 1972 bis 1975 studierte Eric Terwilliger Horn an der 'Indiana University School of Music' bei Philip Farkas und Ethel Merker; er schloss sein Studium mit dem 'Performers Certificate' ab. Während seines klassischen Studiums spielte er weiter Popmusik – er trat in Chicago im 'Erie Crown Theatre' mit den 'Carpenters' und mit Barry White auf.

1975 beschloss er, sich auf klassische Musik zu konzentrieren und wanderte nach Europa aus. Er studierte mit Michael Höltzel in Detmold und am Mozarteum in Salzburg.

Seine Karriere als klassischer Hornist begann im September 1975 am Staatstheater Kassel als Solohornist.

1976 gewann er beim 'Concours de Genève' in der Schweiz die Silbermedaille und 1981 den ersten Preis beim 'Concours international de Liège' in Belgien.

1976 wurde Eric Terwilliger Solohornist bei den 'Münchner Philharmonikern', wo er bis 2007 blieb. In dieser Zeit spielte er in Aufnahmen unter Sergiu Celibidache auf 'EMI', Gunter Wand auf 'Hännsler' und Christian Thielemann auf 'Deutsche Grammophon'.

Dann wurde er vom 'Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks' als Solohornist berufen, wo er von 2007 an bis heute spielt. Zahlreiche Aufnahmen unter Dirigenten wie Mariss Jansons, Sir Simon Rattle, Riccardo Muti, Andris Nelsons, und Yannick Nézet-Séguin sind auf 'BR Klassik' veröffentlicht.

1986 gastierte er zum ersten Mal als Solohornist bei den Berliner Philharmonikern. Seitdem ist er immer wieder mit dem Orchester zu hören, in Berlin und auf Reisen in Europa, Asien und Nordamerika. Zahlreiche Mitschnitte in der 'Digital Concert Hall' zeugen von seinem Können als einem der besten Hornisten seiner Generation.

Und er ist der einzige Hornist, der in der New Yorker 'Carnegie Hall' sowohl mit den Wiener-, den Berliner- und den Münchner Philharmonikern und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gespielt hat. Unter Leitung von Claudio Abbado, Sergiu Celibidache, Sir Simon Rattle, Lorin Maazel, James Levine und Christian Thielemann.

1976 begann seine kammermusikalische Karriere mit den 'Münchner philharmonischen Solisten' – mit ihnen spielte er über hundert Aufführungen von 'Schubert-Oktett' und 'Beethoven-Sextett' in Europa und Asien.

1991 wurde er (auf Einladung von Gerhart Hetzel, dem damaligen Konzertmeister der Wiener Philharmoniker) Mitglied im 'Wiener Kammerensemble', mit dem er neben Reisen durch Europa, Asien, Australien und Neuseeland bis 2009 regelmässig bei den Salzburger-, beim Luzerner- und beim Ravenna-Festival auftrat.

1995 erhielt Eric Terwilliger den Ruf als Professor an die 'Johannes Gutenberg-Universität' in Mainz. 1998 wechselte er ans 'Richard Strauss-Konservatorium' in München.

2007 kam der Ruf an die 'Hochschule für Musik und Theater' in München. Er unterrichtet auch als Gastprofessor untern anderen am 'Mozarteum Salzburg', am 'Conservatoire de Paris', an der 'University of Cambridge', an der 'Toho Gakuen School of Music' in Tokyo und der 'Juilliard School' in New York.
Ausserdem gibt er immer wieder Meisterkurse in Europa, Asien und in Nord- und Südamerika.

Mallorca 2018<br>
Mallorca 2018